Fräulein Ordnung trifft die Schrankflüsterin
Ordnungscoaches aus dem deutschsprachigen Raum treffen sich zum Austausch
Ordnungsberater schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Immer häufiger hört man in den vergangenen Monaten von Menschen, die sich selbstständig machen, um anderen zu helfen, Ordnung in den eigenen vier Wänden zu schaffen. Was für Menschen, die von Natur aus ordentlich sind, nach einer einfachen Methode klingt, Geld zu verdienen ist allerdings harte Arbeit. Im Oktober kommen 20 Frauen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in Hamburg zusammen, um sich über ihre Arbeit, Ideen und Herausforderungen auszutauschen.
Der Beruf des Ordnungscoaches ist in Europa noch relativ jung, seinen Ursprung hat er in Amerika. Dort haben sich bereits 1983 fünf Frauen zum Berufsverband NAPO zusammengeschlossen. In der Schweiz haben sich Ordnungscoaches erst 2016 zum Berufsverband SWISS APO (Swiss Association of Professional Organizers) zusammengeschlossen. Für Österreich ließen Gina Halbauer, Olivia Ruderes, Katrin Misere, Karolin Walch und Andrea Auer 2019 das Berufsbild offiziell eintragen. „In Deutschland gibt es derzeit noch keinen Berufsverband. Das wird beim Treffen in Hamburg bestimmt auch ein Thema sein,” so Corinna Rose, eine der Administratorinnen der Facebook-Gruppe, in der sich über 100 haupt- und nebenberuflich tätige Berater als #DieOrdnungsCoaches zusammengeschlossen haben.
Im englischsprachigen Raum hat sich “Professional Organizer” als Berufsbezeichnung etabliert. In Deutschland, Österreich und der Schweiz nennen sich die Dienstleister, die beim sichten, sortieren, ausmisten, Ordnung und Struktur schaffen helfen und beraten, meist Ordnungscoaches oder Aufräumberater. Eine feste einheitliche Berufsbezeichnung gibt es in Deutschland nicht. Auch ist der Beruf nicht geschützt, jeder kann sich Ordnungscoach nennen, ein Gewerbe anmelden und loslegen.
Doch woran erkennen Kunden, die Hilfe suchen, einen professionellen Ordnungscoach, was braucht es, um den Beruf erfolgreich auszuüben? Die Tätigkeit als Ordnungscoach ist komplex und im Idealfall ganzheitlich. Wer körperlich nicht fit ist, wird es schwer haben, bis zu acht Stunden Dinge von A nach B zu tragen, unter Betten und auf Schränken Ordnung zu schaffen. Das gemeinsame Aufräumen ist nur ein Teil der Arbeit. Um einen langfristigen Erfolg zu verzeichnen, sind Ordnungscoaches auch Experten in den Bereichen Motivation und Zeitmanagement, sie bringen Konfliktlösungsstrategien mit und verstehen es, sich auf ihre Kunden und deren Bedürfnisse einzulassen. Ordnungscoaches können als Außenstehende objektiv beobachten und durch die richtigen Fragen ihre Kunden unterstützen, ihre eigene Ordnung zu erfahren, zu erlernen und beizubehalten. „Diskretion ist dabei oberstes Gebot. Wir verpflichten uns dazu, nur in den Bereichen tätig zu werden, in denen wir qualifiziert und kompetent sind. Wir beraten unsere Kunden objektiv, höflich und respektvoll.” so Denise Colquhoun, bekannt als „Fräulein Ordnung”. „Oft ist es das zuviel an Dingen, das bei unseren Kunden ein Gefühl von Chaos, Überwältigung und Enge schafft. Wir begleiten beim Loslassen der Dinge, um aus Räumen endlich ein zuhause zu schaffen”, so Conni Köpp Gründerin der „Wohnkosmetik” und Buchautorin.
Ihr oft zitierter Satz: „Die Menschen ersaufen an äußerer Fülle und verdursten an innerer Leere.” Köpp stellt das „sein“ vor das „haben“. Das ist ein Ansatz und Schwerpunkt. Wer einen Ordnungscoach sucht, findet unter dem Hashtag #DieOrdnungsCoaches für jeden Bereich einen Experten, für jede Einstellung den passenden Partner. Bei Heike Eberle beispielsweise darf Ordnung sogar Spaß machen, Sunray Dollase, die sich unter anderem auf Capsule Wardrobes spezialisiert und gerade ihr erstes Buch veröffentlicht hat, Gabriele Thies ist Expertin für Selbstorganisation und Büromanagement.
Von Freitag bis Sonntag treffen sich die Kolleginnen, von denen die meisten bisher nur online Kontakt hatten, in Hamburg im Atelier Werke und Werte. Informell wollen sie sich über Themen wie Marketing, Networking, Erfahrungen mit Rundfunk und Fernsehen austauschen, sich aber vor allem persönlich kennen lernen. Auch das sei eine Fähigkeit die unabdingbar ist, so Sarah Kiefer, eine der Teilnehmerinnen, „man muss Spaß an neuen Kontakten haben, sich gerne auf andere Menschen einlassen. Empathie ist wichtig”.